Harry hat jetzt eine Fingerbreite Gummi auf dem Himmelsaspha

[James]

Lieber Harry,

es ist schon viele Jahre her, seit wir uns zum ersten Mal trafen. Dein Oliver und mein Nicola hatten nicht nur gegeinander gerudert, gestachelt und was Pontoniere sonst so tun, sondern auch noch eine ganz kurze Zeit die Schulbank Seite an Seite gedrückt.

Aus unserem ersten Treffen ist eine tiefe Freundschaft entstanden, mit Hochs und Tief und immer viel mehr Hochs.

Dank Dir und Deinem stetigen ‚Sticheln‘ begann ich wieder mit dem Töfffahren. Am Anfang nur mit meiner kleinen Aprilia Habana, die neben Deiner Dicken kaum zu sehen war. Wohl auch dank dem Riesenkoffer in dem ich immer meinen Helm bei den Kaffeehalten versorgen durfte. Du hattest Geduld bewiesen und irgendwann hattest Du mich so weich gekocht, dass ich mich doch ernsthaft mit dem Gedanken befasste, grössere Kaliber zu bewegen. Die erste meiner geliebten Moto Guzzi Convert kam in die Garage. Nun machte auch mein Töff neben Deiner Dicken eine gute Figur! Weisst Du noch, wie wir meine Conny beim von Arx Otto in Trimbach abholten? Es war seine ganz persönliche Conny aus seiner Sammlung, die er mir verkaufte und die Du mir ans Herz gelegt hast.

Du warst der Motor der Sissler Töffler und hast uns als Road Captain mit viel Umsicht von Kaffeepause zu Kaffeepause im Schwarwald und durch die Alpen geführt. Wie often waren, Cello, Hampe, Du und ich zusammen unterwegs und hatten unseren Spass als die vier verschiedenen Typen auf den vier verschiedenen Töffs. Eines blieb immer gleich: das Abschlussbier in Deinem Garten. Nie hat es gefehlt.

Du hattest dann die fixe Idee einen Moto Guzzi Stammtisch ins Leben rufen zu wollen. Und wie alles was Du getan hast, hast Du auch dies mit aller Konsequenz getan. Peter ‚Forestpete‘, Ernst aus Lörrach und noch einige andere etablierten mit Dir den Moto Guzzi Stammtisch Dreiländereck. Immer wieder hast Du mir gesagt: ‚Komm mit. Die Typen sind schwer in Ordnung.‘ Irgendwann hattest Du mich dann wieder weichgekocht und ich kam mit. Zu Maria in die Fussballbaracke. Und wieder hattest Du Recht: Die Typen sind in Ordnung.

Die Töffideen sprudelten nur so aus Dir heraus und schon waren wir auf Mallorca. Unsere Töffs mit dem Lastwagen voraus und wir mit dem Flieger hinterher. Ich weiss noch, wie Du mich zurück gehalten hast, den Transporteur nicht umzuhauen, hatte der doch meine frisch restaurierte blaue Diva auf dem Transport beschädigt. Wir haben die ganze Insel erkundet, die Bar in der Finca geleert und Du Deine Dicke wegen einem Autofahrer in den Sand gelegt. Cello auf seiner Goldwing hinterher und dem Autofahrer gezeigt, wie ein Fahrlehrer aus der Schweiz aus einer Goldwing ein Töffli macht, so wendig war er. Sogar die Policia war beeindruckt und hat uns wieder von dannen ziehen lassen.

Der Schwarzwald hat sich mit meinem geliebten Jura abgewechselt und immer mehr haben die kulinarischen Höhepunkte zu überwiegen begonnen. Wir wurden halt älter und nicht gescheiter. Die Kaffeehalte, welche ich ab und an einlegte bei Dir an Deinem Arbeitsplatz im Spital Olten wurden auch länger. Das hast Du immer fein hingekriegt mit dem Sonntagsdienst. So konnte ich mich vor dem letzten Hügel noch erholen.

Irgedwann hat Dich dann die Zigarette danach eingeholt. Spital und Reha wechselten sich ab, es kam eine neue Freudin in Dein Leben. Auch da hast Du auf uns alte Männer geschaut und wohlweislich nur einer Dame Dein grosses Herz geschenkt, die praktischerweise denselben Vornamen trug wie die Mutter Deines Sohnes. Clever von Dir. So hast Du Deine Freunde gleich zu Anfang bei ihr brillieren lassen und Dich auch gleich damit ein gleissendes Licht bei ihr gestellt.

Jedes letzte Wochenende im August haben wir an der Degustha verbracht. Meeresfrüchte, Schweinshaxe, Foie gras und andere lebensnotwendige Dinge probiert und eingekauft für den kleinen Hunger zwischendurch. Genauso wie die Swissmoto mit Deinen Töffkameraden aus Sisseln und dem Stammtisch war die Degustha ein Fixpunkt in Deinem und damit unserem gemeinsamen Jahresablauf. Schon einige Jahre konntest Du nicht mehr mitgehen. Jedes Mal habe ich Dir Cassoulet mitgebracht. So auch heuer am letzten Montag. Es gab noch das Eine und Andere zu lachen. Deine Augen funkelten voller Stolz, als Du mir von der von Priska mit Auszeichnung bestandenen Matura berichtetest. Wahrlich kein leichtes Unterfangen als gestandene im Berufsleben stehende Frau. Von der Bachelorarbeit von Deiner Daniela hast Du mir erzählt und was sie noch alles zu tun hat, bis diese fertig sei und von der Pflege, welche Dir Dein Oliver hat angedeihen lassen bei seinem Besuch zwei Tage vor dem meinen. Dies war Dir besonders wichtig und Du hast mir noch gesagt: „Jetzt weiss ich, dass auch er seinen Platz gefunden hat.“ Du warst stolz, dass er in Deine Fussstapfen getreten ist als Pflegefachmann im Spital.

Ueber dies und das haben wir geredet. Auch über den Abschied von dieser Welt und den Aufbruch in eine neue.

Am Samstag trug mich meine schwarze Conny beschwingt in den Jura und dies entgegen dem Rat der Aerzte. Es war einfach toll und bei nicht wenigen Kurven, habe ich an Dich und unsere vielen gemeinsamen Kilometer gedacht. Vorahnung?

Am Sonntag dann der Anruf. Du seiest von uns gegangen. Mit einem sanften Gesicht eingeschlafen, aufgebrochen in eine andere Welt. In eine Welt in der immer die Sonne scheint, das schwarze Asphaltband makellos und unendlich kurvig ist, in eine Welt in der der Moto Guzzi Adler seine Schwingen über allen Menschen schützend ausbreitet. Peter, Dein Mitgründer des Moto Guzzi Stammtisch Dreiländereck schrieb mir, dass er sicher sei, dass das Tor zu dieser tollen Welt in einem gewissen Dunkelrot getaucht sei und der Name einer italienischen Töfffirma auf der Türe sei in goldenen Buchstaben schwungvoll aufgemalt.

Sag bitte dem Betreiber der ewigen Finca, dass wir auch einmal dort ankommen werden. Du hast jetzt die Zeit und die Musse alle Strecken dort auf Deiner Dicken zu erkunden, schliesslich brauchen wir eine Einführungsrunde, wenn wir alle uns dort wiedersehen.

Grazie per tutto, caro amico e buon viaggio, Harry.

James

[Felice]

Ich kann nicht auf so viele gemeinsame Ausfahrten mit Harry zurückblicken wie James. Eine Ausfahrt an den Rheinfall ist mir jedoch noch in guter Erinnerung.

Obwohl's vielleicht hart klingen mag, nun wurde Harry von seinen Leiden und Schmerzen erlöst und kann in eine neue Welt ohne Schmerz und Leid einziehen. Sein Geist wird uns weiterhin aus unseren Fahrten begleiten!

In diesem Sinne ....:
“Wir wollen nicht trauern darüber, dass wir ihn verloren haben, sondern wollen dankbar sein dafür, dass wir ihn gehabt haben”.

Harry, wir werden dich stets in guter Erinnerung behalten!

[Felice]

James hat geschrieben:

Liebe Stammtischlerinnen,
Liebe Stammtischler,

heute abend hat uns eine Karte von Harry's Kindern erreicht, welche uns verkündete, dass es für Harry entgegen ersten Berichten doch eine Abdankungsfeier für Familie und Freunde geben wird. Die einen oder anderen von Euch werden wohl auch eine solche Karte erhalten haben.

Die Feier wird gehalten

Sonntag, den 8. September 2013 um 13:30 Uhr

im Schloss Laufen am Rheinfall, 8447 Dachsen ZH
wo Harry's Asche wunschgemäss dem Rhein übergeben werden wird.

Eva, mein Sohn Nicola, seine Lebensgefährtin und ich selbst werden mit dem Auto hinfahren.

Es hätte Harry sicherlich gefreut auch einige bekannte Gesichter vom Stammtisch auf ihren Guzzis zu sehen.

Die Traueradresse für Karten ist diejenige der ältesten Tochter von Harry

Daniela Lambrecht
Von Rollstrasse 35
4600 Olten

Ich finde es eine schöne Geste, dass auf Blumen verzichtet werden wird und stattdessen der Lungeliga Aargau, PC-Konto 60-516173-1 im Gedenken an Harry etwas gespendet werden kann.

[Felice]

.. wir werden in Mandello di Lario für HARRY eine Kerzen anzünden und in Stille seiner gedenken.

Habe im Namen des Stammtisches für Harry auch eine virtuelle Kerze entfacht: http://www.gratefulness.org/candles/mes ... d=19289994